Beginn des Menschseins

Blastocyste im 8-Zellen-Stadium

Der Beginn des Menschseins ist Gegenstand von Diskussionen in der Medizinethik als Teilgebiet der Philosophie, der Rechtswissenschaft sowie der Religionslehren. An ihr macht sich auch die Frage nach dem Schutz beziehungsweise dem Recht auf Leben fest, etwa im Kontext von Stammzellenforschung, Embryonenforschung, Schwangerschaftsabbrüchen und Spätabbrüchen.

Zu den Synonymen zählen oft „Leibesfrucht“, „werdendes Leben“ und „menschliches Leben“. Der Beginn des individuellen menschlichen Lebens wird überwiegend mit der Befruchtung der Eizelle und der damit verbundenen Bildung eines neuen menschlichen Lebewesens mit eigener genetischer Identität, die sich von jener der Mutter und des Vaters unterscheidet, gesehen.

Teilweise wird jedoch argumentiert, dass nicht das Mensch-Sein, sondern das Person-Sein als entscheidendes Kriterium für die Trägerschaft von Grundrechten herangezogen werden müsse. 2004 schrieben die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Entscheidung Vo gegen Frankreich beispielsweise:

“… it may be regarded as common ground between States that the embryo/foetus belongs to the human race. The potentiality of that being and its capacity to become a person – enjoying protection under the civil law, moreover … require protection in the name of human dignity, without making it a “person” with the “right to life” for the purposes of Article 2.”

“Having regard to the foregoing, the Court is convinced that it is neither desirable, nor even possible as matters stand, to answer in the abstract the question whether the unborn child is a person for the purposes of Article 2 of the Convention (“personne” in the French text).”[1][2]

Der Begriff der Person als Träger von Grundrechten wird wahlweise mit der Befruchtung, der Einnistung der Eizelle in der Gebärmutter oder in einer Mindermeinung mit der Geburt – und mancherseits sogar erst mit dem Erwerb bestimmter Fähigkeiten nach der Geburt – verknüpft (s. Recht auf Leben). Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat diese Frage zum Beispiel ausdrücklich offengelassen.[3]

Zu den Kriterien zählen nach medizinischen Betrachtungen die Individualität, nach philosophischen Standpunkten die Entstehung des Bewusstseins (dem der Hirntod als Ende des Menschseins gegenübersteht) und nach manchen religiösen Anschauungen die Beseelung.

Der 1978 erschienene Warnock-Report,[4][5] der zur rechtlichen Regelung in Großbritannien maßgeblich beitrug, geht auf die Position einer im Maße der Entwicklung zunehmenden Schutzwürdigkeit („gradualistische Position“) ein, entschied sich jedoch für das Potentialitätsargument.[6]

  1. EGMR, Vo v. France, §§ 84–85
  2. Aurora Plomer: A Foetal Right to Life? The Case of ‘Vo v France’. In: Human Rights Law Review, 2005, Vol 5, No 2, S. 311–338; Oxford University press; doi:10.1093/hrlr/ngi017
  3. BVerfG, Urteil vom 25. Februar 1975, Az. 1 BvF 1, 2, 3, 4, 5, 6/74, BVerfGE 39, 1 - Schwangerschaftsabbruch I.
  4. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen warnock.
  5. siehe auch www.bopcris.ac.uk
  6. Gregor Damschen, Dieter Schönecker: Der moralische Status menschlicher Embryonen: pro und contra Spezies-, Kontinuums-, Identitäts- und Potentialitätsargument. Walter de Gruyter, 2003, S. 73.

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